Beitrag
von Private__p » 30.05.2021, 08:20
WELT AM SONNTAG: Ihr Weg führt Sie zu Hertha BSC, wo Sie am Dienstag starten. Warum sind Sie nicht bei der Eintracht geblieben, wo es doch so erfolgreich lief?
Bobic: Die Entscheidung, mich zu verändern, ist über einen längeren Zeitraum gereift. Ich bin so gestrickt, dass ich nicht gehe, wenn es am schönsten ist, sondern wenn ich das Gefühl habe, etwas Neues machen zu wollen. Die Freiheit und die Unabhängigkeit habe ich, das ist ein Vorteil. Es war keine Entscheidung gegen Eintracht Frankfurt, sondern ganz grundsätzlich für eine neue Herausforderung, und die ist bereits im Frühjahr des vergangenen Jahres gereift. Doch dann kam Corona – und da habe ich mich zur Zufriedenheit aller zur Eintracht bekannt.
Bobic: Irgendwann gab es wieder ein Zeitfenster, in dem es um Entscheidungen ging und in denen Entscheidungen getroffen werden mussten. Und da ist die mit Hertha BSC gefallen. Ein ambitionierter Klub, der sich in den vergangenen Jahren schwergetan hat. Ich finde es eine sehr reizvolle Aufgabe. Und man darf eins auch nicht vergessen dabei. Durch Corona haben sich viele Dinge verändert. So haben wir Menschen viel mehr auch über uns selbst nachgedacht. Bei mir ging es da auch um meinen Lebensmittelpunkt, der in meiner Wahlheimat Berlin liegt. Ich bin seit 15 Jahren nur unterwegs, das wird auch in Zukunft so sein. Aber es ist auch mal schön, abends nach Hause zu kommen.
WELT AM SONNTAG: Die Erwartungshaltung ist groß.
Bobic: Das ist doch normal. Aber es wird seine Zeit brauchen, den Verein richtig zu spüren, um dann die richtigen Schritte einzuleiten. Jeder Verein hat seine eigene DNA. Ich werde ruhig und gewissenhaft an die Sache herangehen, aber natürlich mit vielen Ideen, so wie ich das 2016 auch in Frankfurt gemacht habe.
WELT AM SONNTAG: Hertha ist zuletzt oft an den eigenen hohen Ansprüchen und einer falschen Selbstwahrnehmung gescheitert. Wie sehr werden Sie auch etwas mehr Demut einfordern?
Bobic: Demut ist ein großes Wort. Aber klar ist auch, dass man die Realität anerkennen und wissen muss, was man zuletzt geschafft hat und wo man eigentlich steht. Deshalb ist es wichtig, dass man nun, wenn man etwas verändern möchte, eine Strategie dafür hat und sich auch die nötige Zeit nimmt. Das ist etwas, worauf ich großen Wert lege.
WELT AM SONNTAG: Werden Sportdirektor Arne Friedrich und Trainer Pal Dardai denn bleiben? Ihre Zukunft ist noch offen.
Bobic: Ich habe intern meine Meinung kommuniziert. Da wird es schon zeitnah eine Entscheidung geben.
WELT AM SONNTAG: Experten prognostizieren wegen der Corona-Krise und fehlender Gelder einen zähen Transfersommer.
Bobic: Es wird für alle Klubs sehr schwer, aber in ganz Europa. Hier und da wird es mal ein paar Ausschläge geben, ein paar Leih- oder Tauschgeschäfte. Doch die Zeiten, in denen es große Umsätze gab, sind erst einmal vorbei. Jeder Verein wird extrem auf seine Personalkosten schauen, denn wir alle wissen noch nicht, wohin sich das Ganze bewegt. Man sieht ja, die Zahlen sind leicht rückgängig, wie etwa beim Fernsehgeld. Wichtig wird sein, dass die Zuschauer bald wieder zurückkommen – und das sage ich nicht nur vor dem wirtschaftlichen Hintergrund, sondern auch aufgrund des emotionalen Aspekts. Noch eine Saison mit Geisterspielen hält die Branche nicht durch – selbst die Spieler auf dem Platz nicht.
WELT AM SONNTAG: Viele blicken schon jetzt auf die Zweite Liga, in der künftig mehr namhaftere Klubs vertreten sind als im Oberhaus.
Bobic: Wenn Schalke oder Bremen absteigen, ist das nachvollziehbar. Ich kann das verstehen. Aber der Sport wird auf dem Platz entschieden, da geht es nicht um die Größe des Klubs, sondern um Qualität. Und dann muss man vielleicht auch mal sagen, dass der eine oder andere Klub, der in der Wahrnehmung nicht so groß ist, bessere sportliche und wirtschaftliche Entscheidungen getroffen hat, als einige Vereine, die sich größer fühlen, als sie es am Ende wirklich sind. Ich bin ein Fan von Traditionsvereinen, aber in der Tradition zu verharren, ist ein Fehler. Auch Traditionsklubs müssen sich modern aufstellen, denn die anderen schlafen nicht.
Hier mal ein bezahl Artikel von der Welt. Teile ich mal für euch.