Beitrag
von Conse » 26.02.2019, 17:15
Sagen wir mal so, man schoss mit dieser Doku sicherlich ein wenig über das Ziel hinaus.
Ich hab nun wahrscheinlich 20-30 Nordkorea Dokus in den letzten 10 Jahren gesehen und klar gab es da bessere und schlechtere. Noch in den letzten 3-4 Jahren gab es da aber auch noch genügend Ansätze, die zwar nicht immer wortwörtlich den Anschuldigungen im Vorspann dieser Doku entsprachen, aber eben schon ein ziemlich eindeutiges Bild zeichneten...
Man war immer die einzige Ausnahme von der Regel, dass Journalisten normalerweise nicht ins Land dürfen.... Jeder Schritt war überwacht, alles war grundsätzlich inszeniert. In Pjöngjang gabs permanent Stromausfall, morgens dröhnt die Arbeitssirene, danach ziehen die hoffnungslosen Fabrikinsekten im Morgengrau und im grauen Einheitslook zu Fuß zur Schicht. Lächeln gibts nicht, wer das Maul aufmacht oder mit den Journalisten spricht, kommt auf 7 Generationen ins Lager. Normalmenschen haben nichts, stehen kurz vorm Verhungern. Marktwirtschaft gäbe es nicht, E-Mail auch nicht, Handynetz sowieso nicht. Wenn es irgendwo Prachtbauten und Spaßmöglichkeiten gibt, sind diese komischerweise immer leer, vermutlich weil sie ja nur zur Propaganda gebaut wurden. Das kriegst du in jeder zweiten Nordkorea Doku zu hören und vieles davon war zum Zeitpunkt der Ausstrahlungen entweder zumindest fragwürdig, oder sogar schlichtweg nicht zutreffend.
Einzig.... Für die wohlhabenden Kasten in und um Pjöngjang stimmt das einfach schon lange nicht mehr. Nach all dem, was man so messen kann, ist das Leben dort eben schon erheblich bunter geworden, so mancher, der dort lebt, dürfte eben sogar relativ zufrieden sein, allein schon durch die stark gestiegenen Verfügbarkeiten von Konsumartikeln und gelockerten Normen des Alltagslebens.
Wenn man sich den Film bis zum Ende ansieht, gibt es ja durchaus einige Kommentare aus dem Off über die Glasglocke, den Führerkult und die permanente Gehirnwäsche durch die immer gleichen Parolen. Ich denke allerdings, dass die Ambition der Filmemacher hier eher war, zu zeigen, dass es eben doch sowas wie Menschen in Nordkorea gibt, die sogar irgendwie sowas wie normale Leben führen. Ähnliches hatte der oft gelobte "Meine Brüder und Schwestern in Nordkorea" auch schon getan und die politische Kommentierung des Gezeigten mal ausgelassen.
Natürlich ändert das nichts daran, dass das Leben vieler Nordkoreaner nicht so aussieht, dass dort ein brutales Regime Menschenrechte mit Füßen tritt, dass der Füherkult dort nach wie vor zur Pflicht gehört und selbstverständlich auch, dass das Regime seinen Besuchern nur die glamourösen Elemente zeigt und den Rest vehement abschirmt. Die Frage ist halt, ob man eine Doku über das Land wirklich nur aus diesem Blickwinkel mit einer Dosis Gerechtigkeitspredigt machen kann.
Kennt man sich ein wenig mit dem Land aus, gabs da auch in dieser Doku genug zwischen den Zeilen zu lesen, von der "spontanen Chorprobe" über die Geschichte, wie der geliebte Marshall die Schuhfabrik inspiziert hatte. Nur sind solche Spielchen schon lange nicht mehr die einzige Realität in diesem merkwürdigen Land - aus dem Blickwinkel ist die Doku in sofern durchaus ein wenig interessant.
Sind die Stimme der Vernunft, sind die Übereinkunft
Wir sind Anstand und Moral, wer's nicht so sieht ist radikal
(Megawatt - Retter dieser Welt)