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Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 13:54
von Jenner
bayerschmidt hat geschrieben: ↑01.11.2018, 12:58
Was ist eigentlich so wichtig an der Feststellung, ob/dass es einen Rechtsruck gegeben habe?
Einerseits geht es um moralische Gratifikation, die den LAUTEN besonders wichtig ist. Gleichzeitig hängen da auch handfeste materielle Interessen dran. Ohne Rechtsruck bräuchte man deutlich weniger Rechtsextremismusforscher, Präventionsprojekte, transkulturelle Vereine, Konzerte gegen "Rechts" usw. usf. Bei HI haben wir mal über eine Studie diskutiert, welche eine Zunahme rechtspopulistischen Denkens in der Mitte der Gesellschaft "nachweisen" wollte. Bei näherer Betrachtung zeigte sich, dass viele Fragen auch von Menschen, die Regimen wie auf Kuba oder in Venezuela nahe stehen, bejaht worden wären. Es gibt eine starke Lobby, die Interesse daran hat, dass Aktivitäten gegen "Rechts" staatlich gefördert werden.
bayerschmidt hat geschrieben: ↑01.11.2018, 12:58
Gerade bei einigen linken Schwätzern, denen jahrelang die System- Politiker- und Medienschelte doch sehr zupass kam, wundern mich die plötzlichen Warnungen vor der Aushöhlung der Demokratie doch ein wenig.

Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 14:33
von Ray
AtzUl hat geschrieben: ↑01.11.2018, 13:37
Identitären sind politisch aktiv. Sind überwiegend rechtsextrem. Nennen sich sogar "Rechts Aktivisten".
Ja, sie sich selbst.
Medien, Normalos etc. verwenden den Begriff "politisch aktiv" ausschließlich für Aktive links der Mitte.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 14:38
von Ray
Jenner, zum Rechtsruck in Deutschland, ganz ohne Europa:
Ich bemerke, dass viel mehr Menschen sich trauen, unter Freunden oder ganz öffentlich rassistische etc. Dinge laut zu sagen, zu posten etc. (anders als vor wenigen Jahren).
Ein klarer Rechtsruck.
Ich meine damit nicht, sich grünen Albernheiten a la nicht mehr "Negerkuss" zu sagen zu widersetzen, sondern richtig beleidigende üble Dinge u.a. gegen Schwarze.
Ebenso: Die Möglichkeit, mit dem Wahlkreuz "Union" eine Stimem rechts der Mitte, aber nicht im rechtsextremen Bereich abzugeben, gibt es nicht mehr (wird sich nach Merkels Adieu ändern). Der Wähler hat nur die Wahl "Merkel-Union" (klar links dessen, was die Union vor 25 Jahren war) oder eben AfD, inklusive tragende Säule der Partei Björn Höcke. Das ist sehr wohl als "Rechtsruck" interpretierbar, ich akzeptiere aber, dass Du es anders wertest.
Pickt man sich jedoch spezielle Bundesländer hinaus, insbesondere die Ostdeutschen, ist der Rechtsruck nun wirklich unübersehbar.
DVU und NPD hatten nie zweistellige Prozentwerte, mittlerweile ist die AfD in Sucksen stärkste Partei.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 14:39
von AtzUl
Ich habe nicht diesen Eindruck, dass im Allgemeinen diese Formulierung für "links" verwendet wird. Aber sei's drum.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 15:30
von Jenner
Ray hat geschrieben: ↑01.11.2018, 14:38
Ich bemerke, dass viel mehr Menschen sich trauen, unter Freunden oder ganz öffentlich rassistische etc. Dinge laut zu sagen, zu posten etc. (anders als vor wenigen Jahren).
Das halte ich für enen Wahrnehmungsfehler. Bereits in der Zone wurde ganz offen über dunkelhäutige Vertragsarbeiter aus Kuba, Mosambik und Angola gehetzt. Übrigens mit ähnlichem Tenor wie jetzt (die bekommen ihr Geld fürs Nichtstun und baggern unsere Frauen an). Seit Jahrzehnten berichtet der Zentralrat der Juden über Hassbriefe und Morddrohungen, die nicht nur anonym versendet wurden. Stoiber beklagte sich schon vor mehr als 20 Jahren über die Durchrassung der Gesellschaft, Rüttgers bestritt den Wahlkampf 2000 mit dem Slogan "Kinder statt Inder" etc.
Solche Äußerungen gab es also schon immer, dank Internet ist der Verbreitungsraum des Stammtischs lediglich deutlich größer geworden. Es trauen sich nicht mehr Menschen, ganz öffentlich rassistische etc. Dinge laut zu sagen, es können nur Menschen hören und lesen.
Ray hat geschrieben: ↑01.11.2018, 14:38
Ebenso: Die Möglichkeit, mit dem Wahlkreuz "Union" eine Stimem rechts der Mitte, aber nicht im rechtsextremen Bereich abzugeben, gibt es nicht mehr (wird sich nach Merkels Adieu ändern). Der Wähler hat nur die Wahl "Merkel-Union" (klar links dessen, was die Union vor 25 Jahren war) oder eben AfD, inklusive tragende Säule der Partei Björn Höcke. Das ist sehr wohl als "Rechtsruck" interpretierbar, ich akzeptiere aber, dass Du es anders wertest.
Pickt man sich jedoch spezielle Bundesländer hinaus, insbesondere die Ostdeutschen, ist der Rechtsruck nun wirklich unübersehbar.
DVU und NPD hatten nie zweistellige Prozentwerte, mittlerweile ist die AfD in Sucksen stärkste Partei.
Die Menschen, welche jetzt ihr Kreuz statt bei CDU bei der AfD machen, sind nicht rechter geworden. Sie finden ihre schon immer bestehenden politischen Überzeugungen nur nicht mehr von der Merkel-CDU repräsentiert. Auf der gleichen Seite sind auch die Menschen mit einer äußerst rechten Einstellung nicht mehr geworden. Die sind einfach gewandert. Ansonsten würde die NPD nicht so viele Wähler verloren haben. Auch in den neuen Ländern erkenne ich keinen Ruck. Viele standen schom immer autoritären und exkludierenden Gesellschaftsmodellen aufgeschlossen gegenüber. Die fühlen sich von den LINKEN enttäuscht und wenden sich der nächsten Partei zu, die ihre Bedürfnisse bedient.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 15:43
von AtzUl
Ist vielleicht ein zufällige Eindruck, aber in meinem Umfeld, diejenigen (zwei) die nicht deutsch aussehen, sagen dass nach 2015 sie inzwischen regelmäßig rassistisch beleidigt werden würden. Was früher kaum passierte. Bis so weit, dass sich bei der BSR ein Mitarbeiter geweigert hatte den Sperrmüll anzunehmen.
Von eigenen Erfahrungen kann man nicht unbedingt auf die Gesellschaft projizieren. Ist aber ein Indiz, nicht für den vermeintlichen "Rechtsruck", aber dass es sich eher getraut wird, den Rassimus wird offen zu zeigen. Was das Ziel ja (laut Gauland) entsprechend würde, die Grenzen der erlaubten Sagbaren immer weiter nach rechts(-außen) zu verschieben. Und das kann auch die Gesellschaft beeinflussen
Jenner hat geschrieben:Menschen, welche jetzt ihr Kreuz statt bei CDU bei der AfD machen, sind nicht rechter geworden. Sie finden ihre schon immer bestehenden politischen Überzeugungen nur nicht mehr von der Merkel-CDU repräsentiert.
Und wie erklärst du die Menschen, die von der CDU zu den GRÜNEN gewechselt sind?
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 16:01
von AtzUl
Ausbau erneuerbarer Energien:
Koalition einigt sich beim Ökostrom
Sonderausschreibungen für Wind- und Solaranlagen kommen bis 2021 – und damit ein Jahr später als im Koalitionsvertrag vereinbart.
Die Fraktionsspitzen von Union und SPD haben sich nach monatelangem Streit auf einen Fahrplan für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien geeinigt. Die zusätzlichen Ausschreibungen von Wind- und Solarkraftwerken mit einer Leistung von jeweils 4 Gigawatt sollen in den Jahren 2019 bis 2021 umgesetzt werden, heißt es in einem Eckpunktepapier, das am Dienstagabend beschlossen wurde und der taz vorliegt.
[...]
Aus der CDU hatte es aber Widerstand gegen die Ausbaupläne gegeben – unter anderem mit Verweis auf die angeblich unzureichenden Stromnetze. Zudem gab es bei den letzten Ausschreibungen teilweise zu wenige Angebote, weil nicht genug Standorte für Windräder genehmigt wurden.
[...]
Kritik kommt hingegen von der SPD-Energiepolitikerin Nina Scheer. „Der Zeitraum ist zu lang“, sagte sie der taz. „Das finde ich nicht akzeptabel.“ Auch der energiepolitische Sprecher der Linken, Lorenz Gösta Beutin, kritisierte, durch die Entscheidung werde die Klimaschutzlücke nicht annähernd geschlossen. Der Branchenverband BDEW lobte die Einigung hingegen als „überfällig“ und erklärte, sie sei „hoffentlich der Auftakt für eine energiepolitische Offensive der Koalition“.
[...]
http://www.taz.de/Ausbau-erneuerbarer-E ... /!5545394/
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 16:13
von Jenner
AtzUl hat geschrieben: ↑01.11.2018, 15:43
Jenner hat geschrieben:Menschen, welche jetzt ihr Kreuz statt bei CDU bei der AfD machen, sind nicht rechter geworden. Sie finden ihre schon immer bestehenden politischen Überzeugungen nur nicht mehr von der Merkel-CDU repräsentiert.
Und wie erklärst du die Menschen, die von der CDU zu den GRÜNEN gewechselt sind?
Die sind ein Beweis für den Rechtsruck.
Eine nennenswerte Wählerwanderung in dieser Richtung gab es in diesem Jahr (Hessen, Bayern deutlich weniger) und in Baden-Württemberg. Das hat aus meiner Sicht eher mit aktuellen politischen Themen (Diesel, Braunkohle) oder lokalen Besonderheiten (Stuttgart21) zu tun.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 16:16
von Conse
Jenner hat geschrieben: ↑01.11.2018, 15:30
Das halte ich für enen Wahrnehmungsfehler. Bereits in der Zone wurde ganz offen über dunkelhäutige Vertragsarbeiter aus Kuba, Mosambik und Angola gehetzt. Übrigens mit ähnlichem Tenor wie jetzt (die bekommen ihr Geld fürs Nichtstun und baggern unsere Frauen an). Seit Jahrzehnten berichtet der Zentralrat der Juden über Hassbriefe und Morddrohungen, die nicht nur anonym versendet wurden. Stoiber beklagte sich schon vor mehr als 20 Jahren über die Durchrassung der Gesellschaft, Rüttgers bestritt den Wahlkampf 2000 mit dem Slogan "Kinder statt Inder" etc.
Solche Äußerungen gab es also schon immer, dank Internet ist der Verbreitungsraum des Stammtischs lediglich deutlich größer geworden. Es trauen sich nicht mehr Menschen, ganz öffentlich rassistische etc. Dinge laut zu sagen, es können nur Menschen hören und lesen.
Ich würde da sogar noch einen Schritt weitergehen. Neben den schon immer vorhandenen rassistischen Aussagen und Denkweisen von Teilen der Bevölkerung, die jetzt erheblich sichtbarer, aber nicht unbedingt mehr sind, gibt es inzwischen eben wirklich die Tendenz, allen möglichen Aussagen eine Diskriminierungsabsicht zu unterstellen - mal berechtigt, mal nicht.
Wenn es im Jahr 2018 allerdings beispielsweise wirklich schon als rechtsextrem verschrien wird, auf die absurde Idee zu kommen die Außengrenzen eines Landes oder Staatenbundes zu respektieren oder schützen, und selbst stinknormale AFD Reden (nehmen wir jetzt hier mal nicht den Anteil an Verwirrten und wirklich Rechtsextremen in ihren Reihen) im Bundestag permanent mit Rechtsextremismusdistanzierungen bedacht werden und Lindnersche Appelle an alle Demokraten zur Folge haben, kann der allgemeine Konsens doch nicht wirklich nach Rechts gerutscht sein. Im Jahr 2002 standen in Frankreich Chirac und LePen zur Auswahl - was genau ist da seither so unfassbar stark nach Rechts gerückt?
Was natürlich stimmt ist, dass es in einigen Ländern zuletzt fragwürdige Positionen in Regierungsbeteiligungen geschafft haben - aber vermutlich nicht, weil die Mehrheit auf einmal rechter denkt, sondern weil viele Positionen, die mal schlichtweg als bürgerlich oder konservativ galten, jetzt eben den Stempel "Rechts" tragen. Wenn diese Positionen nur noch von Parteien bedient werden, die teilweise Rechtsradikalismus mit in Kauf nehmen, ist das kein allgemeiner Rechtsruck der Gesellschaft, sondern im Grunde genommen das Gegenteil davon. Leider eben zu dem Preis, dass du irgendwann wirklich radikale Positionen als Package Deal dazubekommst.
In der heutigen Wahrnehmung ist einer Ikone der Linkspartei Rechtspopulismus vorgeworfen worden - Strauß wäre heutzutage als Rechtsradikaler verschrien, Schmidt vermutlich als Rassist verunglimpft.
Das alles soll übrigens noch nicht mal heißen, dass es nicht ganz okay sein kann, wenn sich bestimmte Formen des gesellschaftlichen Konsens ändern - aber ein Rechtsruck ist für mich da nicht zu erkennen.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 16:25
von AtzUl
Jenner hat geschrieben: ↑01.11.2018, 16:13
AtzUl hat geschrieben: ↑01.11.2018, 15:43
Und wie erklärst du die Menschen, die von der CDU zu den GRÜNEN gewechselt sind?
Die sind ein Beweis für den Rechtsruck.
Eine nennenswerte Wählerwanderung in dieser Richtung gab es in diesem Jahr (Hessen, Bayern deutlich weniger) und in Baden-Württemberg. Das hat aus meiner Sicht eher mit aktuellen politischen Themen (Diesel, Braunkohle) oder lokalen Besonderheiten (Stuttgart21) zu tun.
Ich schreibe im übrigen "vermeintlicher 'Rechtsruck'". Meine Theorien waren: Es gibt eine definitive Veschiebung der Sprache nach rechtsaußen. Was früher geächtet wurde zu sagen, wird langsam normal. Wenn etwas normal zu sagen ist, gehört die Einstellung zur Normalität. So kann sich auch eine Gesellschaft verschieben. Es gab oder gibt einen "
Populismus Ruck". Der rechte Populismus hatte dabei eine viel größere Strahlkraft als der Linke.
Es gibt einen "Rechtsruck" in der AFD, diese sitzt im Bundestag. Dass gab es seit langer Zeit nicht mehr, dass eine Partei, die als Europakritisch angefangen hatte, dann rechtspopulistisch würde und nun rechtsradikal in weiten Teilen ist, dort sitzt. Diese Partei hat großen Anteil an der oben angesprochen Verschiebung der Sprache und Teile der Gesellschaft.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 16:33
von Jenner
AtzUl hat geschrieben: ↑01.11.2018, 16:25
Was früher geächtet wurde zu sagen, wird langsam normal.
Nenne mir doch mal bitte ein Beispiel für solche Äußerungen, die jetzt nicht mehr geächtet werden.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 17:09
von AtzUl
Beispiel: "Nimm seinen scheiß Sperrmüll mit wo du hergekommen bist, Flüchtling" zu einer in Wilmersdorfgenorenen Halb-deutschem-halb-US-amerikanerin.
Ansonsten ein Artikel, der sich im Grunde mit meiner Meinung deckt.
https://www.deutschlandfunk.de/vogelsch ... _id=419514
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 17:13
von AtzUl
Apropos:
Passend zum Thema, Böhmermann werden antisemitische Witze bei einer Comedy Show vorgeworfen.
Darf man in Deutschland über Juden Witze machen?
Deutscher Juckreiz:
Darf man über Juden Witze machen?
Wenn wir wissen, dass wir etwas nicht tun sollen, gibt es eine Stimme in uns, die sagt: Mach es doch, mach es doch. Liegt hier die Erklärung, warum so viele Deutsche aus der Rolle fallen, wenn sie einem Juden begegnen?
Darf man über Juden Witze machen? Sicher, warum nicht, wäre meine Antwort. Man darf ja auch über Polen, Burkafrauen und Rollstuhlfahrer Witze reißen. Warum sollten Juden da außen vor sein?
Stellen wir die Frage etwas präziser: Darf man als Deutscher über Juden Witze machen?
Schon schwieriger zu beantworten. Meine persönliche Meinung: Vielleicht ist dies ein Witzsektor, bei dem wir anderen den Vortritt lassen sollten. Die Konkurrenz auf dem Feld ist ohnehin brutal, entsprechend groß ist die Wahrscheinlichkeit durchzufallen.
Nicht lustig, sondern sehr traurig
Die Frage nach der Zulässigkeit von Judenwitzen hat eine gewisse Aktualität erfahren, seit der Fernsehmoderator Jan Böhmermann mit einem aufgefallen ist. Böhmermanns Judenwitz geht so: Ein Stand-up-Comedian, der gerade ein Buch mit dem Titel "Ich darf das, ich bin Jude" vorgelegt hat, steht mit einem Fernsehmoderator, einem Musikfernsehmoderator und einem Kabarettisten auf der Bühne. Als der Comedian mit seinem Aufritt fertig ist, holt der Fernsehmoderator eine Flasche mit Desinfektionsspray hervor und fragt die anderen: "Habt ihr ihm die Hand gegeben?" Dann besprüht er ihre Hände, um sie zu desinfizieren.
Nicht komisch? Wenn dieser Witz eine Pointe hat, dann ist sie jedenfalls schwer zu erkennen. Genau besehen müsste die richtige Frage zu Judenwitzen lauten: Darf man auch schlechte erzählen? Oder Witze, die in Wahrheit gar keine Witze, sondern Beleidigungen sind?
[...]
http://spon.de/aflLw
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 17:27
von Conse
AtzUl hat geschrieben: ↑01.11.2018, 17:09
Beispiel: "Nimm seinen scheiß Sperrmüll mit wo du hergekommen bist, Flüchtling" zu einer in Wilmersdorfgenorenen Halb-deutschem-halb-US-amerikanerin.
Und wo genau hat die deutsche Gesellschaftsmehrheit festgelegt, dass das eine normale Aussage sei?
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 17:47
von Jenner
Conse hat geschrieben: ↑01.11.2018, 17:27
AtzUl hat geschrieben: ↑01.11.2018, 17:09
Beispiel: "Nimm seinen scheiß Sperrmüll mit wo du hergekommen bist, Flüchtling" zu einer in Wilmersdorfgenorenen Halb-deutschem-halb-US-amerikanerin.
Und wo genau hat die deutsche Gesellschaftsmehrheit festgelegt, dass das eine normale Aussage sei?
Gute Frage.
Der Artikel ist schon deswegen Grütze, weil er eben nur die halbe Aussage von Gauland wiedergibt. In gleichem Atemzug sagte dieser, dass wir die Verantwortung für diese Zeit nicht vergessen dürfen.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 19:05
von AtzUl
Conse hat geschrieben: ↑01.11.2018, 17:27
AtzUl hat geschrieben: ↑01.11.2018, 17:09
Beispiel: "Nimm seinen scheiß Sperrmüll mit wo du hergekommen bist, Flüchtling" zu einer in Wilmersdorfgenorenen Halb-deutschem-halb-US-amerikanerin.
Und wo genau hat die deutsche Gesellschaftsmehrheit festgelegt, dass das eine normale Aussage sei?
genau das sollte das doch ausdrücken. Weil ich die Frage nach einem konkreten Beispiel nicht passend fand. Dass die Sprache sich verschoben hat, gibt es Artikel. Wurde auch von anderen Usern thematisiet. Werden aber eh nicht akzeptiert.
Die ganze "Wird man doch mal sagen dürfen" Geschichten. Es wurde dies mich vor kurzem nur beim Stammtisch verlautbart. Jetzt öffentlich. Ja, mag sein, dass das in den 70ern/80ern und im thüringenschen Land normal war, glaube ich ja.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 19:08
von isnogud
Natürlich gibt es einen Rechtsruck. Begründbar.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 19:22
von C-Burg
AtzUl hat geschrieben: ↑01.11.2018, 17:13
Apropos:
Passend zum Thema, Böhmermann werden antisemitische Witze bei einer Comedy Show vorgeworfen.
Darf man in Deutschland über Juden Witze machen?
Deutscher Juckreiz:
Darf man über Juden Witze machen?
Wenn wir wissen, dass wir etwas nicht tun sollen, gibt es eine Stimme in uns, die sagt: Mach es doch, mach es doch. Liegt hier die Erklärung, warum so viele Deutsche aus der Rolle fallen, wenn sie einem Juden begegnen?
Darf man über Juden Witze machen? Sicher, warum nicht, wäre meine Antwort. Man darf ja auch über Polen, Burkafrauen und Rollstuhlfahrer Witze reißen. Warum sollten Juden da außen vor sein?
Stellen wir die Frage etwas präziser: Darf man als Deutscher über Juden Witze machen?
Schon schwieriger zu beantworten. Meine persönliche Meinung: Vielleicht ist dies ein Witzsektor, bei dem wir anderen den Vortritt lassen sollten. Die Konkurrenz auf dem Feld ist ohnehin brutal, entsprechend groß ist die Wahrscheinlichkeit durchzufallen.
Nicht lustig, sondern sehr traurig
Die Frage nach der Zulässigkeit von Judenwitzen hat eine gewisse Aktualität erfahren, seit der Fernsehmoderator Jan Böhmermann mit einem aufgefallen ist. Böhmermanns Judenwitz geht so: Ein Stand-up-Comedian, der gerade ein Buch mit dem Titel "Ich darf das, ich bin Jude" vorgelegt hat, steht mit einem Fernsehmoderator, einem Musikfernsehmoderator und einem Kabarettisten auf der Bühne. Als der Comedian mit seinem Aufritt fertig ist, holt der Fernsehmoderator eine Flasche mit Desinfektionsspray hervor und fragt die anderen: "Habt ihr ihm die Hand gegeben?" Dann besprüht er ihre Hände, um sie zu desinfizieren.
Nicht komisch? Wenn dieser Witz eine Pointe hat, dann ist sie jedenfalls schwer zu erkennen. Genau besehen müsste die richtige Frage zu Judenwitzen lauten: Darf man auch schlechte erzählen? Oder Witze, die in Wahrheit gar keine Witze, sondern Beleidigungen sind?
[...]
http://spon.de/aflLw
Herr Böhmermann ist inzwischen so abgehoben, dass er meint er, sein Humor und sein Intellekt würden über alles stehen. Seine Show und sein Podcast spiegelt beides leider wieder.
Aber der Vorwurf eines antisemitischen Witzes und das Ganze künstliche Echauffieren ist unangebracht und zeigt zum Teil einfach schlechten Journalismus. Man kann das als Auslöser für einen allgemeinen Diskurs nehmen, aber dann bitte Herrn Böhmermann außenvorlassen.
Denn der Witz war kein Witz über Juden. Die acht Jahre alte Comedyshow hatte mehrere Komiker als Gäste, die alle einen Auftritt hatten. Herr Böhmermann und seine beiden Moderations-Kollegen (Sermuncu, Heufer-Umlauf) haben nach jedem Comedian gelästert, Desinfektionsspray benutzt und ihn quasi-raus geschmissen. Das war der Runninggag. Also war das kein Witz über Juden, da dieser nicht nur bei dem jüdischen Komiker Pokal gemacht wurde. Sein Glauben war irrelevant.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 19:39
von bayerschmidt
Das Sperrmüll-Beispiel (wer hat das eigentlich so erlebt?) hätte auch in den 80er, 90er, 00er Jahren stattfinden können.
Die Verschiebung der Sprache (wenn man sie denn teilweise beobachtet) ist kein "rechtes" Phänomen, auch wenn die AfD natürlich den gelegentlichen Tabubruch sucht. Ich sehe da eher eine psychologische Komponente in Verbindung mit der Verbreitung des Internets und der Verschwörungskultur um 9-11.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 20:19
von Jenner
AtzUl hat geschrieben: ↑01.11.2018, 19:05
Es wurde dies mich vor kurzem nur beim Stammtisch verlautbart. Jetzt öffentlich.
Durch Facebook, Instergram, Twitter et al. ist der Stammtisch jetzt öffentlich. Das ist passiert und kein Rechtsruck der deutschen Gesellschaft.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 20:20
von AtzUl
bayerschmidt hat geschrieben: ↑01.11.2018, 19:39
Das Sperrmüll-Beispiel (wer hat das eigentlich so erlebt?)
meiner WG Mitbewohnerin.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 20:31
von AtzUl
Jenner hat geschrieben: ↑01.11.2018, 20:19
AtzUl hat geschrieben: ↑01.11.2018, 19:05
Es wurde dies mich vor kurzem nur beim Stammtisch verlautbart. Jetzt öffentlich.
Durch Facebook, Instergram, Twitter et al. ist der Stammtisch jetzt öffentlich. Das ist passiert und kein Rechtsruck der deutschen Gesellschaft.
Auch wenn du und Opa es immer überlesen, ich habe "vermeintlicher Rechtsruck" geschrieben. Ich hatte es sogar bei einem Beitrag heute präzisiert: Es ist ein "Populismus-Ruck" und kein "Rechts-Ruck", meiner Meinung nach. Der rechts bis rechtsradikale Populismus war aber besser, präsentiert und hätte eine größere Strahlkraft, als der Linke, ökologische etc.. Sie haben die Themen bedient, die die Menschen in Sorge versetzen.
Dass Socialmedia und die dortige Filterblase einen große Anteil hat, wurde ja nicht nur von mir mehrfach gesagt. Das Problem dabei ist wenn der "Stammtisch-Speach" zum normalen Ton wird -> und irgendwann auch Normalität der Gesellschaft.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 20:54
von Jenner
Einen Populismus-Ruck haben wir doch schon seit ewigen Zeiten in Deutschland.
- Die Renten sind sicher.
In Deutschland wird es überall blühende Landschaften geben.
Der Westen betreibt Siegerjustiz.
Regenerative Energie kann die klassischen Energieformen zeitnah ersetzen.
Reichensteuer schafft soziale Gerechtigkeit für alle.
Globalisierung ist unser Unglück.
Die Finanzhilfen für Griechenland sin alternativlos
Die Flüchtlingsmigration löst unser demographisches Problem.
Glyphosat und Diesel führen in die ökologische Katastrophe.
Um nur einige Beispiele zu nennen.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 21:19
von AtzUl
Natürlich habe es den schon immer, gerade im Wahlkampf schwappt eine große Welle Populismus über Deutschland.
Dennoch denke ich, dass einige deiner Beispiele nicht dem politischen Populismus entsprechen. Der politische Populimus ist geprägt von der Ablehnung der Eliten und den Inhabern der politischen Macht. Dass man den Willen oder die Interessen der Bevölkerung vertritt. Da unterscheidet sich der Linke und rechte Populismus kaum. (Eine meiner Meinung nach passende Definition, siehe Zitat weiter unten)
Und dieser politische Populismus ist prägender geworden. Die Verachtung der Eliten und der Wille nach einer Vereinfachung der Lösungswege für Probleme sind stark gestiegen -> Ein "Populismus Ruck".
Definition von Populismus nach "Encyclopedia of Democracy", Ausgabe 1995:
Der Populismus ist eine politische Bewegung, die die Interessen, kulturellen Wesenszüge und spontanen Empfindungen der einfachen Bevölkerung hervorhebt, im Gegensatz zu denen einer privilegierten Elite. Um sich zu legitimieren, sprechen populistische Bewegungen oft direkt den Mehrheitswillen an – durch Massenversammlungen, Referenden oder andere Formen der direkten Demokratie –, ohne großes Interesse für Gewaltenteilung oder die Rechte von Minderheiten.
Re: Die eigene Haustür - Thread für deutsche und EU-Innenpolitik
Verfasst: 01.11.2018, 21:30
von Opa
So wie die FDP beim Flughafen?
Nur fürs Logbuch: Reden wir jetzt eigentlich noch über den Rechtsruck (vermeintlich oder nicht ist wurst) oder treiben wir mit politischem Populismus schon die nächste Sau durchs Dorf?