@"Hetzjäger": Es ist unbestritten, dass es Übergriffe gegen ausländische Bürger gab, unabhängig, wie man das bezeichnen möchte. Insofern sehe ich ehrlich gesagt keinen erweiterten Diskussionsbedarf in dem Umfang, in dem ihr hier dieses Thema am Kochen haltet.
@Hobbyhistoriker herthamichi:
herthamichi hat geschrieben: ↑23.10.2018, 01:04
Ja, den Wilhelm II. meine ich und auch die gesamte Zeit nach Bismarck. Über das Zeitalter des Imperialismus habe ich wohl
vor über 45 Jahren mal ein Referat an meiner Schule gehalten.
Was für eine Note gab's? Angesichts dessen, was Du an historischem Unsinn schreibst (s.u.), fänd ich alles oberhalb von mangelhaft eher überraschend.
herthamichi hat geschrieben: ↑23.10.2018, 01:04
Der Friedensvertrag von Versailles war anschließend wiederholt ein Grund warum ein Österreicher Deutschland in den 2.Weltkrieg zog. Das betrifft dann auch wieder das Thema "Anteile der anderen Nationen".
So viel historische Unwahrheiten mit so wenig Buchstaben zu erzeugen, puh, das ist schon echt einen Sonderpreis wert.
1. Der Friedensvertrag von Versaille war ein Grund, weshalb Hitler an die Macht gelangen konnte, aber sicher kein Grund für den 2. Weltkrieg. Dieser war allein wirtschaftlich unausweichlich, weil das deutsche Reich aufgrund der Subventionen und Rüstung (und nicht wegen des Versailler Vertrags) pleite war und nur durch Einkassieren der Forderungen der überfallenen Nachbarstaaten weiter existieren konnte. Als Lektüre kann ich Dir
dieses Buch wärmstens ans Herz legen (über das ich vor vielen Jahrzehnten ein Referat halten durfte).
2. Auch wenn Hitler in Österreich geboren wurde, war er zum Zeitpunkt des Ausbruchs des zweiten Weltkriegs kein Österreicher. Hitler war seit 1925 staatenlos und wurde 1932 in Braunschweig deutscher Staatsbürger. Das war 7 Jahre vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs, weshalb die Aussage, dass ein Österreicher Deutschland in den 2. Weltkrieg zog, wirklich nichts ist als blanker Unsinn.
3. Was das mit den "Anteilen der anderen Nationen" zu tun haben soll, ist mir völlig schleierhaft. Hitler ist hier nicht einmarschiert, ist auch nicht als Alien vom Himmel gefallen, sondern auf demokratisch legitimierten Weg an die Macht gelangt und hat aus seinen Kriegsabsichten niemals einen Hehl gemacht. Zu behaupten, die anderen Nationen hätten uns diesen Krieg aufgezwungen, ist genauso hanebüchener Unsinn wie die Behauptung, ohne Österreich hätte es keinen Hitler oder keinen Weltkrieg gegeben.
Mir ist bekannt, dass es Historiker wie David L. Hoggan gibt, die die These des "aufgezwungenen Krieges" aufrechterhalten wollen, welche das Bundesamt für Verfassungsschutz (Achtung, Hetzjagdgefahr!) so beurteilte:
„Trotz des Anscheins von Wissenschaftlichkeit hatte diese Darstellung der Ereignisse im zeitlichen Vorfeld des Kriegsausbruchs nur wenig mit der historischen Realität zu tun. Dies kann auch nicht verwundern: Ein kritischer Vergleich zeigt nämlich, dass sich der Autor verfälschender Aussagen ebenso wie erfundener Zusätze bediente. Damit versucht Hoggan, wie die meisten anderen Revisionisten, seine Thesen mit der bewussten Verfälschung von Sachverhalten bzw. dem Ignorieren bestimmter Zusammenhänge zu untermauern.“
Es ist daher angesichts der Faktenlage wirklich blödsinnig und gefährlich obendrein, mit solchen Thesen zu hantieren. Ich empfehle Dir dringend und nachdrücklich, Dich an dieser Stelle weiterzubilden und auf exakte historische Fakten zu achten, bevor Du Dich hier weiter im besten Falle blamierst, im schlechtesten Falle als jemand outest, der am ganz rechten Rand des politischen Spektrums unterwegs ist. Hoggan war übrigens Harvard Professor, das allein ist aber kein Qualitätsmerkmal, genauso wenig wie ein Schulreferat.
herthamichi hat geschrieben: ↑23.10.2018, 01:04
Über Wilhelm II. lief gestern was in der ARD; leider nur über die Zeit ab 1918/1919; leider wurde seine gesamte
Wirkungsphase davor nicht betrachtet. Trotzdem ganz interessant:
Kaiser a. D. - Wilhelm II. im Exil
22.10.2018 | 44 Min. | Verfügbar bis 29.10.2018 | Quelle: Das Erste
Er war der letzte deutsche Kaiser und ging nach einem verlorenen Krieg ins Exil in die Niederlande. 23 Jahre lang versuchte Wilhelm II. mit allen Mitteln seine Macht zurückzuerlangen. Der Film erzählt aus dieser Zeit im Exil.
https://www.ardmediathek.de/tv/Reportag ... d=57073676
KW2 war ganz sicher ein politischer Hasardeur, der am politischen wie militärischen Untergang Deutschlands großen Anteil hatte, was sich historisch überwiegend in die Zeit vor 1918 einordnen lässt. Dennoch gab es nach 1918 zahlreiche Aktivitäten von ihm und von kaisertreuen Kräften, die am Scheitern der Weimarer Republik genauso großen Anteil haben wie andere politische Extreme, weshalb eine solche Detailbetrachtung durchaus sinnvoll ist. Die Kaisertreuen waren genauso Republikgegner wie Kommunisten und Nazis und
alle tragen Mitverantwortung für die spätere Macht der Nazis. Dazu gehört auch das Wirken des Kaisers im Exil, der aus seiner Sicht nachvollziehbarerweise natürlich alles unternahm, um die von Gottes Gnaden verliehene Macht zurückzuerlangen. Da ging's ja nicht um ein paar Ländereien, sondern um die Führung einer wirtschaftlich, politisch und militärisch bedeutenden Nation. Fürs reine Repräsentieren und als nationaler Kitt finde ich die Monarchie übrigens gar nicht schlimm, in Holland, Großbritannien, Belgien oder Spanien funktioniert das prima und man spart sich unwürdige Diskussionen über Ehrensold, zumal das Haus Preußen gänzlich ohne staatliche Unterstützung auskäme. Aber das ist natürlich kein ernstgemeinter Vorschlag
@isnogud: Ich konnte gestern nicht antworten, daher hole ich das heute nach:
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Was die Arithmetik angeht sprecht ihr über das gesamte Wählerverhalten über alle Parteien und kommt zu dem Schluss: Letztlich hätte sich nichts verschoben. Rechtsruck? Kein Befund. Sagt ihr.
Natürlich gibt es eine Veränderung der politischen Landschaft. Die, die früher bei der Union mitliefen machen nun gemeinsame Sache mit denen, die rechts von der Union standen. Diese Veränderung ist da, aber sie ist mit der Bezeichnung "Rechtsruck" nicht hinreichend beschrieben, sondern eher eine boulevardeske Verdichtung, die es vielen Menschen zu einfach macht, sich mit den Realitäten auseinanderzusetzen. Gestern sah ich einen Comic, wo ein molotowcocktailwerfender junger Mann einem besorgten Passanten "Keine Sorge, ich bin nicht rechts" zuruft. Genau aus diesem Grund ärgert mich diese Verdichtung und das, was Jenner mit "laut sein" beschreibt.
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Wir sollten uns daran erinnern, dass RotRotGrün in der letzten Legislaturperiode eine Mehrheit hatte. Herr Gabriel ist aber nicht Kanzler geworden, auch nicht während dieser Zeit.
Entschuldigung, aber offensichtlich muss ich Dir ein paar historische Zusammenhänge erklären. Man ging vor der Wahl gerade durch die Euro-Währungskrise, in der arabischen Welt blühte kkurz der Frühling und wir waren nicht mehr Papst.
Hast Du Dir mal das
Wahlprogramm der Linken für den Bundestagswahlkampf 2013 durchgelesen? Im Wesentlichen: Auflösung der NATO, ein riesiges Umverteilungsprogramm, keine Bankenrettungen, Auslandseinsätze beenden, alle Flüchtlinge der Welt aufnehmen. Das dürfte sich nicht einmal im Ansatz gelohnt haben zu sondieren, geschweige denn zu regieren, zumal es einen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück (und nicht Sigmar Gabriel) gab, der aus gutem Grund sicher niemals mit den Linken koaliert hätte. Das Wahlergebnis war übrigens eindeutig, dass die Wähler ein Ende der schwarzgelben Hotelierkoalition und stattdessen doch ziemlich eindeutig eine GroKo haben wollten, um gerade das mit der Währung wieder in die Spur zu kriegen.
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Daher auch meine Verwunderung darüber, dass Rot-Rot-Grün noch als Machtalternative zur ehemals großen Koalition oder zu schwarz-gelb-grün gehandelt wird. Die Zentrifugalkräfte dieser Koalition wären größer als bei einer Jamaika Koalition. Viel größer.
Eben, was nutzt Dir eine arithmetische Mehrheit, wenn Du damit nicht regieren kannst?
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Womit die Grünen – und ich behaupte mal links wie rechts – Angst und Schrecken verbreiten können, sind ihre volkserzieherischen Steckenpferde Gesundheit und Genderthemen. Da schrecken sie als Verbotspartei und werden bei diesen Themen noch als „links“ verortet. Wobei ich frage, was denn daran explizit links sein soll? Für mich ist das Wolkenkukucksheim-Käse und der Versuch elitärer Volkserziehung. Mit den Rauchern sind wir ja durch, nun kommen die Fleischesser, Dieselfahrer und –er Schreiber. Links? Das sind Elfenbeinturmprobleme von Leuten wie Göring-Eckhardt und diese – wie auch diese Habecks - sind der Kern dieser ehemals linken Partei. Die Grünen sind heute keine linke Partei mehr.
Ich finde die Frage der Verortung der Grünen eigentlich unerheblich. Sie sind geschickte Marketingfuzzis, die Wähler erreichen, die dem Irrglauben unterliegen, mit dem Verzicht auf Strohhalme die Welt retten zu können. Das mag nicht links sein, aber es ist ohne Frage ziemlich dumm.
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Der Öko-Flügel wird sich, da bin ich bei Opa, sich auf den Hintern setzen, wenn sie versuchen sollten, sofern das jemals passiert, ihre wildesten Verbotsphantasien, umsetzen zu wollen. Sie werden den Bauern und den Autobauern schon erklären müssen, wie sie sich das realistisch vorstellen. Man sehe sich Kretschmann an und beruhige sich wieder. Das ist nur noch Folklore bei den Grünen.
Die Grünen sind eine Placebo-Partei, die fürs eigene Gewissen gut tut, in Wahrheit aber nur "behutsam deindustrialisiert". Kretschmann fährt Hybrid-S-Klasse, das finden viele Leute super. Dass der Strom aus den Windrädern nicht genutzt wird und stattdessen eine rotgrüne (!) Landesregierung die Abholzung des Hambacher Forstes beschließt, pah, drauf geschissen. Ja, Folklore ist ein passender Begriff.
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Die CDU hat derweil ihren Alleinvertretungsanspruch auf Vaterland und Nation an die AfD verloren. Demzufolge hat sie auch diesen damals in der CDU integrierten Flügel verloren. Herr Bouffier war fürchterlich sauer, als die AfD in Hessen behauptete Alfred Dregger würde heute AfD wählen. Die CDU hat damit aber auch die parteipolitische Kontrolle über diese deutschnationalen bis rechtsextremen Kräfte verloren und das ist scheixe. Diese haben die AfD als ihre Spielwiese entdeckt und die AfD nach rechts verrückt. Selbst Petry und Pretzel haben die Segel gestrichen. Das kann ich nicht ignorieren.
Das ist der erste wirklich intelligente Einwurf zur "Rechtsruck"-Debatte, beweist aber, dass es keinen Rechtsruck gibt.
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Deshalb sehe ich – auch wenn sich Merkel bei weichen Themen an Rot-Grün orientiert hat - insgesamt eine Verschiebung des Parteienspektrums nach rechts. Von ihren offenen Grenzen will Merkel doch selbst nichts mehr wissen. An der Spitze dieser gesamten Verschiebung nach rechts ist die AfD.
Hast Du Dir mal Zitate von Frau Merkel zum Thema Multikulti und Zuwanderung von vor 2015 in Erinnerung gerufen? Rechtsruck? Wo?
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Grob gesagt, stellt sich für Befürworter linker Wirtschafts- und Sozialpolitik die Frage: Warum soll ich eine dezidiert linke Partei – das wäre dann die Linke – wählen, wenn es für diese gar keine Machtoption gibt und diese auch sehr wahrscheinlich unter Kipping viele Kröten in einer Koalition schlucken würde? Siehe die ungenutzte Mehrheit von rot-rot-grün zwischen 2013 und 2017.
Puh, das ist mir viel zu sehr um die Ecke gedacht. Die Stammwählerschaft der Linken setzt sich zusammen aus ewig gestrigen DDR Bürgern und von der Sozialdemokratie frustrierten. Der Rest der Wähler will weder Sozialismus noch Revolution und wählt dann lieber grün. Ja zu Natopanzern, aber bitte mit Bio-Diesel.
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Warum soll ich die SPD wählen, die nur noch als Juniorpartner der CDU taugt und daher auch nur schlechte sozialdemokratische Politik machen kann?
Ich sehe es eher so, dass Frau Merkel sozialdemokratische Politik macht und dabei überbordende Sozenphantasien wie Genderkram reguliert.
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Warum soll ich die Grünen wählen, die die Agenda 2010 mitgetragen haben und deren Klientel eindeutig der gut situierte Mittelstand in Altbauwohnungen ist?
Ja, Ray
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Zwischen 2013 und 2017 gab es die Mehrheit links von der Mitte. Aber nur auf dem Papier. Es ist auch daher kein Wunder, dass viele Frustrierte auch aus der linken Ecke das Kreuz bei der AfD gemacht haben.
Das ist aber ziemlicher Unsinn, wenn Du Dir die
Wählerwanderung zur AfD anschaust, die in erster Linie Nichtwähler und ehemalige Unionswähler angezogen haben. Aus diesem Rechenfehler ergeben sich beinahe zwangsläufig Folgefehler wie eben die sture Behauptung, es gäbe einen Rechtsruck.
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Jetzt gibt es eine satte Mehrheit rechts von der Mitte und wieder – das ist zu befürchten - wird es sie nur auf dem Papier geben.
Naja, so müssen halt Koalitionen in der Mitte gebildet werden. Die Frage ist allerdings, ist das ein Erstarken der politischen Ränder oder nur eine genauere Definition der politischen Landschaft. Derzeit tendiere ich zu letzterem, weil es keine Anzeichen gibt, dass extreme Ränder tatsächlich an Bedeutung gewonnen hätten.
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Die CDU mit Merkel an der Spitze wird diesen Stunt mit ihr an der Spitze nicht wagen und die SPD Spitze wird nach Hessen noch mehr Angst haben, die GroKo zu verlassen und in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Beides halte ich für falsch solange die AfD nicht größer als die CDU ist.
Was wäre denn die Alternative? Dass in der Union einer putscht und sich mit AfD Stimmen zum Kanzler der nationalen Einheit wählen lässt, halte ich für genauso unwahrscheinlich wie dass einer aus der GroKo sich auf Neuwahlen freut, die ja für keine der Regierungsparteien einen positiven Ausgang vermuten lassen.
isnogud hat geschrieben: ↑22.10.2018, 13:57
Also: es gibt für mich einen Rechtsruck und es bräuchte jetzt eine Regierung, die dem entspräche. Jamaika ist es nicht.
Du darfst ja gern jeden Tag hundert mal "ich will, dass es einen Rechtsruck gegeben hat" an die Tafel schreiben, daher kommt der aber nicht. Am Ende entscheidet der Wähler über die Politik der Zukunft. Was wird die nächste Bundestagswahl bringen? Eine rechnerische Mehrheit für schwarz-blau-gelb, die genauso wenig regierungsfähig wäre wie 2013 R2G. Also wird's ein Dreierbündnis (ganz sicher nicht ohne Beteiligung der CDU) oder Frau Merkel regiert mit wechselnden Mehrheiten in einer Minderheitsregierung. Der SPD täte es gut, mal den "Mist" Opposition zu erleben, weshalb ich nach jetzigem Stand eher an Jamaika glaube, denn nochmal wird sich Lindner nicht verweigern können, der Druck innerhalb der Partei, lukrative Positionen in Ministerien und nachgeordneter Behörden besetzen zu können, dürfte enorm steigen.