@"Preusse":
Unabhängig davon, dass ich weder in Neukölln sozialisiert bin noch mich mit meiner Umgebung, wenn sie mir denn nicht gefällt, arrangiere, ist die Aussage, dass Neukölln "mehrheitlich muslimisch" sei, nichts weiter als pure Propaganda. Kleiner Faktencheck vorab:
1. Anzahl Gemeinden in Berlin Neukölln:
14 evangelische Gemeinden
7 römisch-katholische Gemeinden
23 sonstige dem chritlichen Glauben zuzuordnende Gemeinden
18 Moscheen
9 sonstige Konfessionsgemeinschaften (Juden, Hindus, Aleviten etc.)
Anteil der muslimischen Gemeinden in Neukölln: 25,3 % - das ist so mehrheitlich wie Deine 17 % Volkspartei sind.
2.
Anzahl Einwohner und deren Religionszugehörigkeit:
325.716 Einwohner gesamt, davon
59.546 evangelisch
34.122 römisch katholisch
232.048 konfessionslos bzw. anderen Glaubens (leider nicht anders auf Bezirksebene ausgewiesen), für Berlin geht man von 9% Muslimen aus, selbst wenn wir von dem Gemeindeproporz mit 25,3 % Muslimen ausgehen, stellten diese mit 82.406 nur die drittgrößte Glaubensgemeinschaft nach den Konfessionslosen und den Christen.
Und bevor Du mit der angeblich höheren Fertilität kommst, sei Dir noch mitgegeben, dass diese selbst in
"muslimischen" Ländern stark abnehmend und in vielen Ländern weit unterm weltweiten Durchschnitt ist und die hier lebenden Migranten da nur wenig von abweichen. Und im Übrigen auch nichts dafür können, dass wir Deutsche so wenig Kinder kriegen.
Doch abgesehen davon, wie viele es nun sind oder werden, führt das doch zu nichts bzw. lenkt nur von der Frage ab, was Dich dazu treibt, uns hier Tag für Tag Wahlwerbung für Deine "Volkspartei" aufzutischen. Nun kennen wir beide uns ja seit ein paar Jahren und sei Dir sicher, dass ich irgendwann auch aus dem Nähkästchen plaudere, wenn Du hier weiter recht armselig mit angeblichem Wissen um meine Sozialisation zu argumentieren gedenkst. Dein letzter Ausschluss aus HI hatte schließlich auch nichts mit Deinem "preußischem Patriotismus" zu tun, sondern weil Du es u.a. für nötig hieltest, über Dinge diskutieren zu wollen, deren Leugnung in Deutschland strafrechtlich sanktioniert sind.
Die Probleme mit Muslimen verneine ich im Übrigen nicht, natürlich ist es hochproblematisch, wenn
mehr als die Hälfte der türkischen Muslime religiöse Gesetze höher ansiedelt als deutsche Gesetze. Natürlich sind patriarchalische Clanstrukturen hochproblematisch und natürlich hängen diese mit Migrationshintergründen und auch dem Islam zusammen, aber eben auch mit Wegschauen auf deutscher Seite. Und mit der Frage, wie wir es mit Errungenschaften des Rechtsstaates wie der Unschuldsvermutung halten wollen. Diesen Aspekt hat neulich Heinz Buschkowsky auf einer Veranstaltung, an der ich regelmäßig teilnehme, zur Sprache gebracht, als sich alle Anwesenden einig waren, man müsse bei den Clans härter durchgreifen und per Beweislastumkehr diese dazu zwingen, die Legalität ihres Vermögens offenzulegen. So einfach ist das nicht, wenn wir nicht wertvolle Errungenschaften über Bord werfen wollen.
Und genau an dem Punkt wünschte ich mir, dass Islamophobiker wie Du mal Farbe bekennen. Selbst wenn wir uns in der Sache einig wären und anerkennen, dass wir mit muslimischen Zuwanderern ein Problem haben, bedeutet das ja noch lange nicht, dass wir uns einig sind, wie wir mit diesem Problem umzugehen gedenken. Da wird die Sache nämlich kompliziert. Und da bedarf es statt Stammtischparolen eben Sachpolitik, die Dir genauso zuwider ist wie Ray. Aber wo Du es gerade ansprichst: Was sind denn da so Deine Vorstellungen, wie Du und Deine "Volksgenossen" aus der "Volkspartei" damit umzugehen gedenken? Bekenne doch mal Farbe. Wie gedenkst Du mit einem jungen Muslim mit unentziehbarem deutschem Pass (weil sonst staatenlos - Art 16 GG) umzugehen, wenn der z.B. kriminell wird? Wie läuft das mit Abschiebungen von Menschen, denen Du die Staatsangehörigkeit nachweisen musst und deren Heimatstaaten sich weigern, diesen wiederaufzunehmen? Soll Putin die ganzen Exil-Tschetschenen zurücknehmen, die nicht in Kadyrows Reich zurückkehren wollen? Und was hat das "Volk" von der "Volkspartei" an Wohltaten zu erwarten?
Du wirst auf keine dieser Fragen eine schlüssige Antwort zu liefern im Stande sein. Zumindest derzeit. Erstens wirst Du Deine sorgsam geschaffene Maske des "preußischen Patrioten" (Preußen ist im Übrigen 1947 durch alliierten Kontrollratsbeschluss aufgelöst worden) nicht ablegen wollen, zweitens wirst Du Dir nicht die Blöße geben zuzugeben, dass die AfD für Dich nur eine Art "Machtoption" darstellt, die ihre wahre Identität erst dann zeigt, wenn man sich unter dem Deckmantel der Bürgerlichkeit und auf demokratisch legitimen Weg die Macht gesichert hat. Und dann folgt das, was die großen Vorbilder wie Putin, Orban und Kaczynski (und letztlich muss man auch Erdogan in dieser Reihe erwähnen) nach und nach tun, um ihre Macht zu erhalten. Aufweichung von Gewaltenteilung, Abschaffung von Meinungsvielfalt, Nationalstaatspolitik etc.
Ich verstehe die Sorgen und Nöte von AfD Wählern, ich verstehe, dass viele die Schnauze voll haben nach mehr als einem Jahrzehnt Merkel sich Veränderungen wünschen. Aber ich trinke doch nicht aus der Kneipentoilette, nur weil mir das Bier nicht schmeckt. Es gibt "Alternativen zur Alternative", personell wie auch sachlich. Diese kann man stärken. Und sogar wählen.
@Grobi: Mit Deiner Frage...
Für mich ist die Frage nach wie vor: Kann man die politische Mitte nach rechts schieben wie einen Schrank, und dann sind die neurechten plötzlich wieder in der Mitte der Gesellschaft?
...triffst Du den Kern ziemlich auf den Punkt. Die Neurechten waren doch nie weg, die politische Mitte ist nur kollabiert, erst hat Schröder die Sozen in diese Mitte geführt und den linken Rand verloren, dann Merkel die Union, die nun den rechten Rand verliert. Ein Neuanfang ist für beide Parteien nur mit glaubwürdigem und neuem Personal möglich. Und beide müssen die Deutungshoheit über die Mitte aufgeben. Seehofer hat in der Flüchtlingskrise eine ähnlich schlimme Rolle gespielt wie Merkel, indem er für mehr als einen Tag abgetaucht war und nun den Heckenschützen gibt. Das glaubt dem doch keiner und der Wähler bestraft das, genau wie das Festhalten und Hochbefördern von Maaßen politische äußerst ungeschickt ist. Und die Union ist wie weiland das Zentrum zu feige, um Verantwortung fürs Land zu übernehmen und Mutti wegzuputschen. Also wird es der Wähler besorgen müssen. Koalitionsbildungen werden zukünftig schwieriger, aber es gibt ja durchaus reizvolle Posten zu verteilen, früher oder später wird auch den Liberalen und der AfD dämmern, dass es neben Ministerposten noch Staatssekretärsposten und Bundesbehördenleitungsposten zu besetzen gibt. Österreich ist übrigens nach Jahrzehnten GroKo mit einer Regierungsbeteiligung der Neurechten nicht untergegangen, Polen nicht und Ungarn nicht. Vielleicht sollten wir Willys altes Wahlkampfmotto "Mehr Demokratie wagen" mit etwas mehr Mut und Selbstbewusstsein angehen anstatt wie die Angstbeißer immer nur "Das sind doch alles Nazis" kläffen. Der Wähler wird eines Tages feststellen, dass die Alternative keine ist und das entsprechend goutieren.