Über den Wolken

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Moderator: Herthort

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bayerschmidt
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von bayerschmidt » 15.03.2019, 09:27

Die aktuellen Ereignisse und Berichte stärken nicht gerade mein Vertrauen in diese fliegenden Särge. Gerade beim Start spielt mein Kopfkino ohnehin schon jedesmal verrückt und zeigt allerhand zerberstendes Flugzeugmaterial und Feuerbälle. :(

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Micky
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Micky » 15.03.2019, 09:39

bayerschmidt hat geschrieben:
15.03.2019, 09:27
Die aktuellen Ereignisse und Berichte stärken nicht gerade mein Vertrauen in diese fliegenden Särge. Gerade beim Start spielt mein Kopfkino ohnehin schon jedesmal verrückt und zeigt allerhand zerberstendes Flugzeugmaterial und Feuerbälle. :(
Ich kann dir versichern, dass der Sicherheitsstandard gerade in Europa extrem hoch ist! Piloten müssen regelmäßig in den Simulator und werden mit den unmöglichsten Notsituationen konfrontiert! Bei mir ist beim letzten Test ein Triebwerk ausgefallen, dann hat es in der Kabine angefangen zu brennen und zum guten Schluss ist das zweite Triebwerk ausgefallen! Wäre ich nicht trotzdem sicher gelandet, hätte ich vorerst nicht mehr fliegen dürfen! Da gibt es kein "das versuchen wir mal gleich nochmal", da bist du vorerst weg vom Fenster! Bei den Flugzeugen ist das identisch, natürlich wird bei kleinen Mängeln noch gestartet, sobald es etwas mit der Flugsicherheit zu tun hat, betritt kein Passagier den Flieger, bzw. muss ihn verlassen, wenn ein Fehler vor dem Start entdeckt wird! Vor jedem Start muss der Captain den Flieger von außen gründlich begutachten und für die Technik gibt es zig Absicherungen! Wenn man darauf achtet, mit welcher Fluggesellschaft man fliegt, kann man schon mit einem sehr sicheren Gefühl einsteigen und den Flug genießen! Natürlich gilt auch hier, "Ausnahmen bestätigen die Regel", auch bei einem Porsche kann was kaputt gehen!
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Daher
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Daher » 15.03.2019, 10:14

Micky hat geschrieben:
15.03.2019, 09:39

Ich kann dir versichern, dass der Sicherheitsstandard gerade in Europa extrem hoch ist! Piloten müssen regelmäßig in den Simulator und werden mit den unmöglichsten Notsituationen konfrontiert! Bei mir ist beim letzten Test ein Triebwerk ausgefallen, dann hat es in der Kabine angefangen zu brennen und zum guten Schluss ist das zweite Triebwerk ausgefallen! Wäre ich nicht trotzdem sicher gelandet, hätte ich vorerst nicht mehr fliegen dürfen! Da gibt es kein "das versuchen wir mal gleich nochmal", da bist du vorerst weg vom Fenster! Bei den Flugzeugen ist das identisch, natürlich wird bei kleinen Mängeln noch gestartet, sobald es etwas mit der Flugsicherheit zu tun hat, betritt kein Passagier den Flieger, bzw. muss ihn verlassen, wenn ein Fehler vor dem Start entdeckt wird! Vor jedem Start muss der Captain den Flieger von außen gründlich begutachten und für die Technik gibt es zig Absicherungen! Wenn man darauf achtet, mit welcher Fluggesellschaft man fliegt, kann man schon mit einem sehr sicheren Gefühl einsteigen und den Flug genießen! Natürlich gilt auch hier, "Ausnahmen bestätigen die Regel", auch bei einem Porsche kann was kaputt gehen!
Interessant das mal aus einer Sicht zu lesen, der mit diesem Beruf zu tun hat. Vielleicht sollte ich deinen Text mal meiner Freundin und meiner Mutter zeigen. Beide haben totale Flugangst und ein Urlaub ins Ausland gestaltet sich daher als sehr schwierig. (Außer man reist natürlich mit dem Auto irgendwo an). Wir waren zwar vor Jahren geflogen, aber das war eine Tortur die Freundin in den Flieger zu kriegen. Natürlich hatten wir beim Rückflug auch noch Turbulenzen, was ihre Angst nicht besser gemacht hat.
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Micky » 15.03.2019, 10:22

Daher hat geschrieben:
15.03.2019, 10:14
Natürlich hatten wir beim Rückflug auch noch Turbulenzen, was ihre Angst nicht besser gemacht hat.
Ja, Turbulenzen sind so eine Sache! Man schaut voller Angst zu den Tragflächen und denkt sich, "wenn die sich jetzt noch ein kleines bisschen mehr verbiegen, brechen die garantiert ab!" :D
Zur Beruhigung, würden sie sich nicht verbiegen, würden sie abbrechen! :D
Kleiner Tipp von mir. Bleibt den ganzen Flug über angeschnallt, es gibt tatsächlich Turbulenzen, die man nicht vorher sieht, da kann man ganz schnell mit dem Kopf an die Decke knallen!
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Micky » 15.03.2019, 10:24

Ach so, wenn die Angst besonders groß bei Turbulenzen ist, bucht einen Platz so weit vorn wie möglich! Meistens spürt man vorn deutlich weniger als hinten!
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Daher
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Daher » 15.03.2019, 10:38

Danke für den Tipp. :top:
Mit den Tragflächen ist ein gutes Argument, aber dann kommt bestimmt von ihr ein, JA ABER...... und von mir ein, kein ABER :grin: Ich versuche mein Glück dieses Jahr nochmal sie zu überreden. :wink:
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rotergrobi
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von rotergrobi » 15.03.2019, 10:47

Micky hat geschrieben:
15.03.2019, 09:24

Ich muss hier mal kurz die Romantik nehmen, dass Piloten die Götter des Himmels sind! Theoretisch kann jeder hier im Forum einen Airbus von Schönefeld nach Mallorca fliegen, inkl. der Landung! Er muss nur wissen, wie der Computer programmiert werden muss und einen halbwegs ausgebildeten FO an seiner Seite haben! Lediglich beim Start benötigt der Airbus den Pilot und bei der Landung zum Klappen setzen und kurz davor ein Knöpfchen zu drücken! Bei richtiger Programmierung landet er punktgenau und bremst sogar selbstständig!
Aber das genau war mein Punkt, denn gerade dass Piloten keine Götter des Himmels sind, sondern Menschen, deren Entscheidungsprozesse eben nicht losgelöst von Befindlichkeiten gefällt werden, kann ja das Problem sein.
Wenn man als Pilot eben kaum mehr selber fliegen muss, sondern mehr dabei zuschaut, wie der Flieger Flug um Flug alles das, was man programmiert hat, "punktgenau" umsetzt, man also eher überwacht als fliegt und dabei praktisch nie etwas schief geht, dann kostet es schon etwas Mumm, dieses System abzuschalten und selbst wieder zu übernehmen. Also zu sagen: "Ich kann das besser als dieses Wunderwerk der Technik".
Ich bin ja nun Laie, aber rein psychologisch stelle ich es mir schwierig vor, in sehr kurzer Zeit zu entscheiden, dass ich dieses perfekte Computersystem einfach abschalte. Und vielleicht erklärt das auch, warum die Crew in der Maschine - so die Berichte stimmen - gegen die Assistenzsysteme gekämpft hat, anstatt sie abzustellen.
Jeder, der mal von TomTom in die irre geführt wurde, kennt das Phänomen, dass man noch ne Weile denkt: Naja, vielleicht weiß der Kasten ja was, was ich nicht weiß. Und dann fahre selbst ich als Taxifahrer Seidelstraße von der Autobahn ab, um dann von TomTom Eichborndamm wieder auf die Autobahn geführt zu werden. Kompletter Quatsch, hätte ich auch wissen können mit all meiner Erfahrung, aber ich falle drauf rein, bzw. ich denke eben, der wird schon wissen, der hat ja viel mehr Daten vorliegen (zB Verkehrsdaten) als ich.
Das ist nun Babykram im Vergleich, aber wenn ich noch nicht all zu viele Stunden auf einem neuen Flieger verbracht habe, es relativ kurz nach dem Start zu einem Strömungsabriss kommt, dass Flugzeug entsprechend seiner Notfallprogramme Korrekturen vornimmt, dann kann ich mir auch vorstellen, dass ich dem Flieger, der mich sonst auch immer punktgenau landet, erstmal vertraue und nicht gleich alles an mich reiße.
Ich entsinne mich dunkel an die Absturzprobleme (ich glaube) koreanischer Airlines vor einigen Jahrzehnten, denen auch psychologische/kommunikative Probleme zugrunde lagen, nämlich dass der Kopilot sich nicht traute, den Fehlentscheidungen seines Kapitäns zu widersprechen, oder selbst mit leerem Tank den Anweisungen des Fluglotsen folgte, noch eine Ehrenrunde zu drehen, weil er sich nicht zu widersprechen traute.
Dieses "Hierarchieproblem" - nun zwischen Mensch und Maschine - könnte doch das von dir problematisierte zögerliche Handeln der Cockpit-Crew erklären.

Wilhelmshaven

Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Wilhelmshaven » 15.03.2019, 10:59

Da gibts ja nun einige "irre" Geschichten aus der Vergangenheit:
  • Zugeklebte/Vereiste Pitotrohre
  • Flugzeuge, die sich in Südamerika komplett verflogen haben (die Piloten sahen Flüsse, in deren Nähe sie normalerweise nicht mal hätten kommen sollen)
  • SIch komplett widersprechende Geschwindigkeitsanzeigen bei Pilot- und Co-Pilot bei der Beschleunigung auf der Start-Bahn
  • usw..
Denke, diese Hemmschwelle "abzutrainieren", die Systeme im Notfall abzuschalten, wird schon fester Bestandteil der Pilotenaus- und -weiterbildung sein. Letztendlich sitzen da aber immer noch Menschen, die sich täuschen können - gerade und insbesondere in Stresssituation.

Nachdem ich mittlerweile alle "Mayday-Folgen" durch habe, fliege ich auch mit einem etwas anderen Gefühl. Letztendlich ist und bleibt es aber immer noch die sicherste Reisemöglichkeit.

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rotergrobi
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von rotergrobi » 15.03.2019, 11:23

Wilhelmshaven hat geschrieben:
15.03.2019, 10:59

Denke, diese Hemmschwelle "abzutrainieren", die Systeme im Notfall abzuschalten, wird schon fester Bestandteil der Pilotenaus- und -weiterbildung sein. Letztendlich sitzen da aber immer noch Menschen, die sich täuschen können - gerade und insbesondere in Stresssituation.

Ganz sicher, aber da kann es durchaus nationale Unterschiede geben - das deutet micky ja auch an - je nach Ausbildungsstandards. Damals in Korea zB war es auf dem Papier auch Teil der Ausbildung, dass der Copilot den Piloten ergänzt und man den Flieger im 4-Augen-System bedient. Nur gab es kulturell unterschiedliche Ausprägungen, der Pilot war damals in Korea quasi ein Halbgott, dem der Copilot untergeordnet war. Statt einem "wir fliegen in ein schweres Unwetter hinein, wir müssen den Kurs ändern" kam da auf den Tapes des Cockpits nur ein halblautes "ganz schön windig, oder?" als Reaktion auf eine klare Fehleinschätzung des Piloten.
Erst als die Ausbildung diese Strukturen in der Ausbildung änderte, sanken die Absturzzahlen, aber die südkoreanische Ausbildung hat immer noch einen zweifelhaften Ruf.

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bayerschmidt
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von bayerschmidt » 15.03.2019, 11:23

Micky hat geschrieben:
15.03.2019, 09:39

Ich kann dir versichern, dass der Sicherheitsstandard gerade in Europa extrem hoch ist! ...
Ich weiß Deine Worte zu schätzen. :wink: Bist auch nicht der erste Pilot, der mir das erzählt. Ich weiß, dass Flugangst nicht besonders logisch ist.
Ist für mich auch ein Faszinosum. Ich reise gerne in ferne Länder, ich finde das ganze Drumherum der Fliegerei äußerst spannend, neulich im Flugsimulator hatte ich zwei super Stunden usw. Trotzdem denke ich jedes Mal schon am Flughafen, spätestens im Flieger beim taxiing, das war's. Naja, irgendwie bekomme ich es eben in den Griff, insbesondere mit Hilfe der Medizin/Chemie. Daher vielleicht auch für Daher :mrgreen: ganz interessant...
Daher hat geschrieben:
15.03.2019, 10:14
Beide haben totale Flugangst und ein Urlaub ins Ausland gestaltet sich daher als sehr schwierig....
Ich weiß ja, man soll im Internet eigentlich keine pseudoärztlichen Hinweise geben oder diesen vertrauen. Aber mir helfen Benzodiazepine. Man warnt vor der hohen Suchtgefahr und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man tunlichst nicht zu viel davon schlucken sollte (z.B. noch mal etwas nachwirft, weil man noch keine Wirkung spürt). Die Angst ist nicht wie weggeblasen, aber man sieht das ganze deutlich relaxter.

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MikeSpring
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von MikeSpring » 15.03.2019, 11:30

...oder man wirft etwas ein, damit es einem richtig schlecht geht, so dass man hofft "Bitte stürze ab, ich halt's nicht mehr aus..."

@Herthort: Wie wäre es, diesen Thread umzubenennen in "Über den Wolken", so wie es ihn schon auf HI gab ?
Hertha BSC wie die Titanic. Wir sinken und alle feiern den Kapitän.

bball62
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von bball62 » 15.03.2019, 11:44

Benzos sind harte Drogen, die in mancher Subkultur sehr populär sind. Damit sollte man dann wohl tatsächlich sehr vorsichtig umgehen.

Ich saß im Flieger mal neben einem weiblichen Passagier, die unter enormer Flugangst litt und vor und während des Flugs intensiv betreut werden musste. Das war schon schwer mit anzusehen.

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Opa
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Opa » 15.03.2019, 11:45

Micky hat geschrieben:
15.03.2019, 10:24
Ach so, wenn die Angst besonders groß bei Turbulenzen ist, bucht einen Platz so weit vorn wie möglich! Meistens spürt man vorn deutlich weniger als hinten!
Vorn zu sitzen hat auch den Vorteil, dass der Servierwagen nochmal vorbeigerollt kommt, wenn man abstürzt :D
rotergrobi hat geschrieben:
15.03.2019, 10:47
Dieses "Hierarchieproblem" - nun zwischen Mensch und Maschine - könnte doch das von dir problematisierte zögerliche Handeln der Cockpit-Crew erklären.
Das ist Bestandteil von Sicherheitsstrategien von seriösen Airlines, Fehlerkommunikation über Hierarchien hinweg angstfrei und vor allem konsequenzlos zu gestalten.
Wilhelmshaven hat geschrieben:
15.03.2019, 10:59
Denke, diese Hemmschwelle "abzutrainieren", die Systeme im Notfall abzuschalten, wird schon fester Bestandteil der Pilotenaus- und -weiterbildung sein. Letztendlich sitzen da aber immer noch Menschen, die sich täuschen können - gerade und insbesondere in Stresssituation.
Naja, aber dass jemand, der sich so intensiv mit Flugunfällen wie Du beschäftigt, nicht zu dem Schluss kommt, dass in der zivilen Luftfahrt fast immer mindestens (!) zwei Fehlerkomponenten eintreten müssen, wundert mich dann doch etwas. Ausfall von allen möglichen Systemen ist Bestandteil von Simulatortrainings. Für alle möglichen Notfälle gibt es festgelegte Procedures, die von den Piloten abgearbeitet werden und im Regelfall auch zur Lösung des Problems führen. Sinn dieser Trainings ist es u.a., sich auf diese Procedures (und eben nicht auf "die Systeme") zu verlassen. Warum das im Fall der MAX nicht gegriffen hat, wird man herausfinden, die Fehlerquelle beheben und dann kann man mit den Dingern auch wieder sicher fliegen.

Dass dieser Flugzeugtyp ein konstruktives Problem hat und in einer Spezifikation gebaut wird, für die er nie konzipiert war, steht allerdings auch außer Frage, das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass Boeing da ein grundsätzlich unsicheres Flugzeug gebaut hat. Es gibt jede Menge Flugzeugmuster, die im Laufe ihrer Entwicklung umgebaut wurden (Rumpfverlängerung, Schwerpunktverlagerung etc.) und nur mit Hilfe von technischen Hilfsmitteln sicher zu fliegen sind. Das ist für sich genommen kein Grund, an deren Sicherheit zu zweifeln, schließlich wird z.B. bei jedem Flieger während des Fluges Sprit in rauhen Mengen zwischen den Tanks umgepumpt, um immer den idealen Schwerpunkt zu haben.

Dass nur ein Anstellwinkelsensor in der MAX verbaut ist, wundert mich auch, wenngleich ich mir sicher bin, dass in dem Teil Redundanzen berücksichtigt sind, da es andernfalls überhaupt nicht zulassungsfähig wäre. Die Frage ist, wie reagiert der Autopilot auf unterschiedliche Sensorwerte, wie ist der Umgang mit diesem Ausfall in den Procedures berücksichtigt. Das wird Bestandteil der laufenden Flugunfalluntersichung sein, die zu einem Ergebnis kommen wird.
rotergrobi hat geschrieben:
15.03.2019, 06:21
je mehr ein Pilot in die Rolle gerät, ein Flugzeug nicht mehr zu beherrschen - wie du schreibst - sondern nur noch zu beobachten, weil der Hersteller eine Unmenge an Assistenzsystemen und Sensoren einbaut, die genauer beobachten und schneller reagieren als ein Mensch, umso höher steigt die Hemmschwelle, diesen Assistenzsystemen zu misstrauen und sie auszuschalten
Eine Verteufelung moderner Sensorik ist nicht angezeigt und erinnert mich an Leute, die meinen, besser als ABS bremsen oder besser als ESP Fahrzeuge im Grenzbereich herunterregeln zu können und lieber wie "echte Männer" fahren und Assistenzsysteme im Auto abschalten. Das einzige, was solche Menschen nicht verstanden haben, ist, dass sich Physik nicht überlisten lässt, weder beim Auto noch beim Flugzeug, weder handgeflogen noch per Autopilot ;) Im Übrigen ist der Grundsatz "always trust your instruments" Bestandteil jeder Instrumentenflugausbildung. Ohne Orientierung nach draußen MUSS man sich im Cockpit genau wie der Autopilot schlicht darauf verlassen, was die Sensoren anzeigen, denn Deine körpereigene Sensorik Dir sonst Streiche spielt. Wenn Du durch Wolken oder Nebel fliegst, verlierst Du binnen weniger Sekunden komplett das Gefühl für Deine Lage im Raum, die ist aber für einen sicheren Flug lebensnotwendig. Jedes dieser in der Luftfahrt verbauten Assistenzsystem ist grundsätzlich ein Zugewinn für die Sicherheit. Wenn es "systemische" Fehlerquellen gibt, ist es jetzt wichtig, diese zu identifizieren und bei Bedarf nachzubessern. Deshalb sollte man aber sensorikgesteuertes Fliegen m.E. nicht generell in Frage stellen. Hemmschwellen in Sachen Abschalten von Assistenzsystemen werden durch die ständigen Simulatortrainings übrigens abgebaut, das dürfte aus meiner Sicht eher keine Ursache sein.

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Daher
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Daher » 15.03.2019, 11:52

Also erstmal vorab, ich bin über jeden Tipp dankbar wenn ich dadurch mal wieder deutschen Boden verlassen könnte. Ich habe auch schon sehr "tolle" Tipps aus dem privaten Umfeld bekommen, die da hießen, dann flieg doch allein... :roll:
bayerschmidt hat geschrieben:
15.03.2019, 11:23
Ich weiß ja, man soll im Internet eigentlich keine pseudoärztlichen Hinweise geben oder diesen vertrauen. Aber mir helfen Benzodiazepine. Man warnt vor der hohen Suchtgefahr und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man tunlichst nicht zu viel davon schlucken sollte (z.B. noch mal etwas nachwirft, weil man noch keine Wirkung spürt). Die Angst ist nicht wie weggeblasen, aber man sieht das ganze deutlich relaxter.
Welches Medikament nimmst Du da? Und was nimmst Du, eine Tablette vor dem Flug? Mir ist klar, dass bei solchen Medikamenten das Risiko der Sucht immer gegeben ist, aber man muss es ja mit der Einnahme auch nicht übertreiben.
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Wilhelmshaven

Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Wilhelmshaven » 15.03.2019, 12:04

Opa hat geschrieben:
15.03.2019, 11:45
Naja, aber dass jemand, der sich so intensiv mit Flugunfällen wie Du beschäftigt, nicht zu dem Schluss kommt, dass in der zivilen Luftfahrt fast immer mindestens (!) zwei Fehlerkomponenten eintreten müssen
Da verstehst du mich falsch. Selbstverständlich ist mir bewusst, dass Flugzeugabstürze immer die Verkettung von Problemen und Fehlern sind und nicht auf eine einzelne Ursache zurückzuführen sind.

Anhand der aktuellen Spekulationen (!!!) reden wir hier ja von 2 massiven Fehlern:
  • Technik: Sensor liefert falsche Werte an das MCAS ==> automatische Korrektur des Anstellwinkels
  • Ausbildung: Piloten wissen nicht über die MCAS-Funktionsweise Bescheid oder sind nicht in der Lage, das MCAS auszustellen
Es scheint (!) ja nun gerade so zu sein, dass das MCAS in dieser Form neu in der Max verbaut ist, ohne, dass alle Piloten darüber informiert wurden. Wenn er das System nicht kennt, kann er es auch nicht manuell ausschalten. D.h., er kämpft gegen einen "Geist". Wenn es genau für diese Problematik eine "emergency checklist" gegeben hätte, wäre das Medienecho bzgl. der fehlenden Ausbildung ja nicht derart groß, oder?. Zumindest beim ersten Absturz.
Einem vorläufigen Untersuchungsbericht zufolge – ein endgültiger Bericht steht aus – hatten die Lion-Air-Piloten bis zum Absturz permanent versucht, die Maschine nach oben zu steuern, MCAS drückte sie dann stets nach unten. Boeing wurde damals von verschiedenen Seiten vorgeworfen, die Piloten nicht entsprechend auf MCAS vorbereitet zu haben. Laut New York Times verzichteten das Unternehmen und die US-Luftfahrtbehörde FAA darauf, die Piloten zu informieren – zum Teil, um die Kosten für Schulungen zu minimieren.
Link: https://derstandard.at/2000099344805/Di ... gabstuerze
Wenn man sich in Pilotenforen umsieht, findet man folgende und ähnliche Aussagen:
es geht eben nicht um den normalen Schalter "Autopilot ON/OFF", sondern es geht um den Schalter "STAB TRIM AUTOPILOT CUTOFF". Das ist ein völlig separater Kippschalter, der es, wie eine elektrische Sicherung erlaubt, den elektrischen Motor, der die Trimmung bewegen kann, komplett von der Steuerungslogik des Flugzeugs abzukoppeln.
D.h., dass das MCAS wird manuell über einen separaten Schalter abgestellt. DAS musst du wissen. Und die zentrale Frage lautet: Wussten die Piloten das? Und wenn nein, warum nicht?

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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von rotergrobi » 15.03.2019, 12:08

Opa hat geschrieben:
15.03.2019, 11:45
Deshalb sollte man aber sensorikgesteuertes Fliegen m.E. nicht generell in Frage stellen. Hemmschwellen in Sachen Abschalten von Assistenzsystemen werden durch die ständigen Simulatortrainings übrigens abgebaut, das dürfte aus meiner Sicht eher keine Ursache sein.
Ich habe auch ganz und gar keine Vorbehalte gegen sensorikgesteuertes Fliegen, auch in allen anderen Bereichen ist der technische Fortschritt ein großer Vorteil.
Dennoch bleibt die Frage, warum zumindest im ersten Fall (der zweite ist ja noch nicht ausgewertet), das Assistenzsystem nicht abgeschaltet wurde.
Und während ich von Fliegen keine Ahnung habe, habe ich das von Ausbildungen sehr wohl. Die Tatsache, dass das Abschalten von Assistenzsystemen Thema in der Ausbildung von Piloten ist, ist ja nicht gleichbedeutend damit, dass das bei der zunehmenden Anzahl an Assistenzsystemen auch hinreichend ist. Intendierte und implementierte Ausbildungsinhalte klaffen in jeder Ausbildung auseinander und Ausbildungssysteme sind erstaunlich langsam, wenn es darum geht, alte Ausbildungsinhalte auszuphasen und neue zu implementieren.

Ist ja auch nur ein Verdacht, da es kaum vernünftige Untersuchungsdesigns geben wird, mit denen das untersucht wurde, kann ich auch völlig im Unrecht sein. Aber es gibt ja durchaus auch Flugsicherheitsexperten, die das Thema auch ansprechen. Und das es unterschiedlich gute bzw. weniger gute Pilotenausbildungen gibt, das dürfte sicherlich der Fall sein.

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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Micky » 15.03.2019, 12:20

Als ich bei EasyJet anfing, durfte ich den 319 und 320 fliegen. Als ich dann auch den 321 fliegen sollte, musste ich in den Simulator und wurde sowohl praktisch als auch theoretisch geprüft. Obwohl es außer der geringen Größenunterschiede keine gravierenden Unterschiede gibt.
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Opa » 15.03.2019, 12:48

@wilhelmshaven: Ich gehe davon aus, dass ein Pilot, der von der normalen 737 auf die 737 MAX umsteigt, ein type rating erhält, der Flieger hat ja gänzlich andere Flugeigenschaften (z.B. Schwerpunkt, Länge, Triebwerke) und eine gänzlich andere Avionik. Bestandteil dieses type ratings wird auch das MCAS und jeder dazugehörige Schalter sein. Daher ist entweder bei der Ausbildung geschlust worden oder es gibt ein technisches Problem mit der Sensorik oder beides. Mein Bauchgefühl tippt auf beides.

@grobi: Da sprichst Du etwas wichtiges an. Die Ausbildungssystematiken unterscheiden sich gravierend und genau wie das Hierarchieverständnis oder der Umgang mit Fehlern führen bei seriösen Airlines zu Verbesserungen der Methodik. Welches Verhalten in einer Flugnotlage richtig ist, also Autopilot anlassen oder abschalten, hängt eher vom Einzelfall ab und dürfte Bestandteil der entsprechenden procedures sein. Mal gucken, was Micky zu der Frage sagt: Was machst Du bei Deiner Mühle mit dem Autopiloten, wenn ein Flugzeug ohne erkennbaren Grund im Steigflug trotz richtiger Fluglage, Airspeed und Schub die Nase massiv nach unten nimmt? Lässt Du ihn an oder steuerst Du manuell?

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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Herthort » 15.03.2019, 13:00

MikeSpring hat geschrieben:
15.03.2019, 11:30

@Herthort: Wie wäre es, diesen Thread umzubenennen in "Über den Wolken", so wie es ihn schon auf HI gab ?
Wenn Micky als Thread-Ersteller das auch wünscht.

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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Micky » 15.03.2019, 13:38

Ist mir relativ egal, der Thread verschwand eh im Niemandsland!
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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von Bierchen » 15.03.2019, 14:00

Micky hat geschrieben:
15.03.2019, 12:20
Obwohl es außer der geringen Größenunterschiede keine gravierenden Unterschiede gibt.
Das hört man sonst nur von Frauen :D
Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht auf die Handlungen der Obrigkeit anzusetzen

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Re: Boeing 737 Max 8

Beitrag von bayerschmidt » 15.03.2019, 14:12

Daher hat geschrieben:
15.03.2019, 11:52
...
Welches Medikament nimmst Du da? Und was nimmst Du, eine Tablette vor dem Flug? Mir ist klar, dass bei solchen Medikamenten das Risiko der Sucht immer gegeben ist, aber man muss es ja mit der Einnahme auch nicht übertreiben.
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Re: Über den Wolken

Beitrag von dovifat » 15.03.2019, 14:58

Ethiopian Airlines ist volles Mitglied der Star Alliance - Die haben eine moderne hochwertige Flotte und das Personal, nicht nur im Cockpit, ist normalerweise gut ausgebildet. Das schliesst menschliches Versagen natuerlich nicht aus, aber das sind keine Buschpiloten, die sonst eine kleine Cessna fliegen.

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Re: Über den Wolken

Beitrag von MS Herthaner » 15.03.2019, 14:59

Also ich (Flugangst ohne Ende) nehme immer die Scheißegal Tabletten die du vor einer OP bekommst.
Habe Glück das von einer Bekannten der Vater Anästhesist ist, und sie mir da jährlich immer ein paar besorgen kann. Ansonsten kommst du da nicht so einfach ran.
30 Minuten vor dem Flug 2 Stück davon nehmen, und ab geht die Reise. Je nach Flugdauer eventuell während des Fluges nochmal nachladen.
Seitdem ich die nehme (natürlich nur beim Fliegen) fliege ich ohne Angst. Selbst Turbulenzen (war da früher sofort auf Absturz programmiert inklusive Schweißausbrüche) tu ich mit ein Lächeln ab.

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Re: Über den Wolken

Beitrag von Micky » 15.03.2019, 15:15

dovifat hat geschrieben:
15.03.2019, 14:58
Ethiopian Airlines ist volles Mitglied der Star Alliance - Die haben eine moderne hochwertige Flotte und das Personal, nicht nur im Cockpit, ist normalerweise gut ausgebildet. Das schliesst menschliches Versagen natuerlich nicht aus, aber das sind keine Buschpiloten, die sonst eine kleine Cessna fliegen.
Da ist ein gewaltiger Fehler drin. Eine Cessna im Busch ist schwieriger zu fliegen als ein Airbus in der zivilisierten Welt! Und ich bleibe dabei, Flieger will nicht hoch, verliert Höhe trotz Steigflug, gibt es nur eine Möglichkeit. AP aus, vollen Schub und Nase runter! Wer das nicht im Schlaf macht, ist kein guter Pilot!
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